Das Pflegekompetenzgesetz 2025: Professionalisierung und neue Befugnisse in der Pflege
- hochvierakademie

- 8. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Okt.
Immer mehr Menschen benötigen Pflege, aber es fehlen qualifizierte Pflegefachpersonen. Laut Regierungsentwurf zum Pflegekompetenzgesetz (PKG) wurden 2023 rund 5,6 Millionen Menschen gepflegt; Prognosen des Statistischen Bundesamtes sehen bis 2055 bis zu 8,2 Millionen Pflegebedürftige.
Gleichzeitig wird der Fachkräftemangel zunehmen, weil bis 2040 150 000 zusätzliche Pflegefachkräfte benötigt werden (PKK. 2025, S. 1).
Um die Versorgung dennoch zu sichern, sollen Pflegefachpersonen zukünftig eigenverantwortlich heilkundliche Aufgaben übernehmen, präventive Beratungsgespräche führen und eine klare Pflegeprozessverantwortung erhalten (PKK. 2025, S. 68).
Problem und Ziel
Der Gesetzentwurf benennt als Hauptursachen des Pflegenotstands den demografischen Wandel, die steigende Zahl Pflegebedürftiger und die drohenden Personalengpässe. Bisher durften Pflegefachpersonen nur ärztlich delegierte Aufgaben ausführen, aber keine eigentverwantortliche Ausführung von heilkundigen Tätigkeiten übernehmen. Das neue Gesetz soll die Berufskompetenz anerkennen, Bürokratie abbauen und präventive Ansätze stärken (PKK. 2025, S. 1f.).
Professionalisierung und Selbstbild von Pflegefachkräften
Pflegeprozessverantwortung: § 4 wird neu gefasst und schreibt die Verantwortung für den gesamten Pflegeprozess fest – von der Bedarfsanalyse über die Planung bis zur Dokumentation. Pflegefachpersonen übernehmen damit eine koordinierende und beratende Rolle.
Standardisierte Kompetenzbeschreibungen: In § 14a wird eine Fachkommission eingesetzt, die standardisierte Kompetenzprofile für heilkundliche Aufgaben entwickelt. Dadurch soll klar definiert werden, welche Qualifikationen Pflegefachpersonen benötigen.
Heilkundliche Aufgaben: Durch den neu eingefügten § 4a erhalten Pflegefachpersonen die Befugnis zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung im Rahmen ihrer erworbenen Kompetenzen. Diese Tätigkeiten werden auch als Scope of Practise bezeichnet Dazu zählen u.a: Wundmanagement
Eigenständige Beurteilung chronischer Wunden (z. B. Dekubitus Grad 2 und
höher)
Verbandwechsel & Anwendung spezieller Wundauflagen
Entscheidungsfähigkeit über Verlaufsplanung
Diabetes-/Stoffwechselmanagement
Anpassung von Insulindosen bei Stabilität
Überwachung von Blutzuckerwerten & Reaktion auf Abweichungen
Schulung von Patienten bzgl. Blutzuckerselbstkontrolle
Kathetermanagement
Wechsel von transurethralen und suprapubischen Kathetern
Einschätzung von Infektionszeichen & Funktionskontrolle
Hilfsmittelverordnung
Empfehlung und Verordnung von Hilfsmitteln wie Inkontinenzhygienepro-
dukten, Lagerungshilfen oder Mobilitätsunterstützung
Demenz- & psychosoziale Betreuung
Management bei Demenz: Angehörigenschulung, Tagesstruktur & Aktivierungsmaßnahmen
Standardisierte Diagnostik & Folge-Verordnungen
Durchführung standardisierter Assessments in klar definierten medizinischen Bereichen (z. B. Diabetes, Wundstatus)
Erstellung von Folge-Verordnungen für bestimmte Pflegeleistungen (PKK. 2025, S. 68f.)

Präventionsberatung und Dokumentation
Die gesetzliche Grundlage für Präventionsempfehlungen durch Pflege-
fachkräfte wurde mit § 7a Abs. 1a SGB XI geschaffen.
Präventionsberatung: Pflegefachpersonen können künftig Versicherten Präventionsempfehlungen geben und beratend tätig werden. Die Pflegekassen müssen dazu qualifiziertes Personal einsetzen und wissenschaftliche Evaluationen sicherstellen (PKK. 2025, S. 10).
Pilot‑Projekte & Regelversorgung: Die neuen Befugnisse sollen zunächst in Modellvorhaben erprobt werden, danach schrittweise in die Regelversorgung übergehen. Dabei legen Krankenkassen und Pflegeorganisationen gemeinsam einen Leistungskatalog fest.
Dokumentation und Kommunikation: Der Gesetzentwurf betont die Notwendigkeit einer strukturierten Dokumentation sowie einer interprofessionellen Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Gesundheitsberufen (PKK. 2025, S. 57f.).
Das Pflegekompetenzgesetz und mögliche Implikationen für die Praxis
Fortbildung & Qualifizierung: Einrichtungen müssen Pflegefachpersonen frühzeitig fortbilden, damit sie heilkundliche Aufgaben sicher ausführen können. Dazu gehören spezialisierte Schulungen zu Diabetes, Wundmanagement und Demenz (nach Beendigung der Pilotprojektphase) (PKK. 2025, S. 69).
Neue Rolle etablieren: Pflegefachpersonen werden vom „Ausführenden“ zur planenden, koordinierenden und beratenden Fachkraft. Diese Professionalisierung stärkt das Selbstbild und die Attraktivität des Berufs.
Präventionsberatung integrieren: Pflegeeinrichtungen sollten Beratungsstrukturen entwickeln, um präventive Empfehlungen frühzeitig anzubieten und mit Pflegekassen zu kooperieren (PKK. 2025, S. 10).
Dokumentationssysteme anpassen: Da Pflegefachpersonen den gesamten Pflegeprozess verantworten, müssen Dokumentations- und Delegationsverfahren überarbeitet werden.
Pilotprojekte nutzen: Die Teilnahme an Modellvorhaben bietet die Chance, neue Kompetenzen zu erproben und die Umsetzung aktiv mitzugestalten (PKK. 2025, S. 57).
Zusammenfassung:
Das Pflegekompetenzgesetz stärkt die Eigenverantwortung von Pflegefachkräften, indem es ihnen heilkundliche Tätigkeiten im Rahmen ihres Scope of Practice überträgt und die volle Verantwortung für den Pflegeprozess festschreibt. Zudem wird Prävention als fester Bestandteil der Pflege etabliert, wodurch Pflegefachkräfte künftig eigenständig Präventionsempfehlungen aussprechen dürfen. Diese Erweiterungen fördern die Professionalisierung, erhöhen die Versorgungsqualität und stärken das Selbstbild der Pflegefachpersonen .

Ausblick: Pflegeassistenzausbildungsgesetz
Das Pflegekompetenzgesetz ist Teil einer umfassenden Reform. Parallel wurde das Pflegeassistenzausbildungsgesetz verabschiedet, das die Ausbildung der Pflegeassistenz bundesweit vereinheitlicht und ein klares Aufgabenprofil festlegt. Dies verschiebt Aufgaben zwischen Assistenzkräften und Pflegefachpersonen. Durch die Neubestimmung der Ausbildungsinhalte können sich Kompetenzen und Verantwortungsbereiche verändern, worauf Einrichtungen reagieren müssen. Mehr dazu im nächsten Blogbeitrag.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2025 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/P/GE_Befugniserweiterung_Entbuerokratisierung_Pflege.pdf
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